Am Hockenheimring wurden vier Drag Racing-Europameister gekürt
Eric Teboul stellt bei den NitrolympX einen phantastischen Motorrad-Weltrekord über die Quartermile auf

Einen fabelhaften Motorrad-Weltrekord hat der Franzose Eric Teboul bei den NitrolympX auf dem Hockenheimring am Sonntag aufgestellt. Er benötigte mit seinem Raketen-Motorrad, in dem Teile der Mondrakete Apollo 11 verbaut sind, über die Viertelmeile von 402,33 Metern die Zeit von 5,654 Sekunden und nahm damit dem Amerikaner Larry McBride (5,88 Sek.) die Bestmarke ab. Nach 280 Metern hatte der in Cannes lebende Mechaniker eine Spitzengeschwindigkeit von 420 Stundenkilometern erreicht. Zu diesem Zeitpunkt waren die 22 Liter Wasserstoff verbraucht und er "rollte" bis zum Ziel nur noch aus. "Das Motorrad kann eine Zeit von 4,27 Sekunden erzielen", ist der 41-jährige überzeugt. "Ich werde aber niemals versuchen, an diese Grenze zu gehen, denn eine solche Beschleunigung hält kein menschlicher Körper aus.

Ich freue mich jetzt über meinen Rekord von Hockenheim und werde ihn Schritt für Schritt auf unter fünf Sekunden drücken." Das war Höhepunkt Nummer eins beim größten und bedeutendsten Drag Racing Event in Europa.
Höhepunkt Nummer zwei: Vier Piloten konnten vorzeitig die Europameisterschaft gewinnen.
 

Der Schweizer Urs Erbacher siegte bei den Top Methanol Funny Cars, der Schwede Michael Malmgren dominierte bei den Pro Stock Cars, sein Landsmann Roger Pettersson triumphierte in der Pro Stock Bike-Kategorie und der Niederländer Roel Koedam liegt uneinholbar bei den Top Fuel Bikes vorn.

Eine Überraschung gab es in der Königsklasse des Drag Race, den Top Fuel-Boliden, wo der Schweizer Peter Beck nach zweijähriger Pause eine perfektes Comeback feierte und die gesamte europäische Elite bezwang.

Eric Teboul liegt auf seinem Motorrad. Die Beine als Stabilisatoren so weit wie möglich zur Seite gestreckt, den Körper lang über das Chassis gezogen wartet er geduldiger als das Publikum bis sein Rocket Bike den richtigen Druck aufgebaut hat. Wenn die Startampel ihm grünes Licht gibt, saust er wie an einer Schnur gezogen die mit einer speziellen Gummischicht bezogenen Gerade entlang. Am Samstag, während der traditionellen NitrolympX-Show probierte er sich ein erstes Mal und stellte gleich drei Weltrekord auf. Über die Achtelmeile mit einer Zeit von 3,691 Sekunden und einem Top Speed von 349,91 km/h sowie über die Viertelmeile mit einer Zeit von 5,659 Sekunden. In Frankreich wurde ein von 20 000 Menschen besuchtes Dragster-Rennen zu diesem Zeitpunkt extra unterbrochen und der Weltrekordversuch per Telefon geschildert.
Als Eric Teboul am Sonntag noch einmal die Gelegenheit bekam, mit seinem Raketen-Motorrad - dem einzigen auf der Welt übrigens - auf den Drag Strip zu gehen, konnte er die Weltrekordzeit über die Viertelmeile noch einmal toppen. Eric Teboul weiß, dass er in Zukunft noch vorsichtiger als bisher sein muss: "Bis 200 Meter sehe ich fast nichts", erzählt er ganz offen. "Ich muss mehr erspüren, wo ich bin, weil mein Kopf so heftig nach hinten gedrückt wird und ich mich mit aller Kraft diesem Widerstand entgegensetzen muss." Den nächsten Weltrekordversuch plant er in Großbritannien im November. Er wird etwas mehr als die 22 Liter Wasserstoff in seinen Tank füllen, mehr als 280 Meter beschleunigen und voraussichtlich eine neue Bestzeit aufstellen.
Die Stimmung bei der NitrolympX-Abend-Show am Samstag heizten die Mad Flyers ein. Sie begeisterten mit ihren Freestyle Motocross-Vorführungen über eine sechs Meter hohe Rampe und mit 18 Meter weiten Sprüngen die 50 000 Zuschauer. Die Hände mal vom Lenker gelöst, die Beine waagrecht in der Luft benutzten sie ihre Motorrad bei einer Geschwindigkeit von 60 km/h wie der Turner das Reck. Ihre Kunst dürfte kaum zu überbieten sein.

Etwas ruhiger ging es dann bei der Hot Rod-Parade zu. Anschließend bekam das Publikum die Gelegenheit per Beifall den Sieger der Burnout Competition zu küren.

Sechs Zuschauer konnten an diesem kleinen Wettbewerb, bei dem es darauf ankommt, stehend die Hinterreifen durchdrehen zu lassen, teilnehmen. Nicht jedem Fahrer gelang ein guter Burnout, und die Drag Racing-Fans sahen einmal, wie schwierig es ist, die Reifen gekonnt und kräftig durchdrehen zu lassen.

Den Preis von 250 Euro gewann am Ende Ernesto Günther aus dem Westerwald mit seinem Nissan 300 ZX Twin Turbo, weil er nicht nur die größte Wolke produziert, sondern auch noch seine Kollegen damit eingenebelt hatte. Diese gute Idee hat das Publikum belohnt…

In der Königsklasse des Drag Race gab es an diesem Wochenende wieder Spannung pur. Nicht der favorisierte amtierende Europameister Kim Reymond aus Dänemark oder in der EM-Serie führende Schwede Mikael Kagered konnten den Triumph bei den NitrolympX für sich verbuchen, sondern Wiedereinsteiger Peter Beck aus der Schweiz.

Sein letztes Top Fuel-Rennen hatte er im August 2001 mit dem Final-Sieg am Hockenheimring bestritten, dann musste er aus finanziellen Gründen eine zweijährige Rennpause einlegen.

Das Comeback bei dem NitrolympX 2003 begann unter gemischten Umständen. Die Crew von Technik-Experten Rune Fjeld aus Norwegen harmonierte zwar sehr gut mit den drei Mechaniker von Peter Beck, doch im ersten Qualifikationsrennen riss der Blower Belt,so dass Peter Beck noch nicht einmal das Ziel erreichte. Optimal dagegen lief es dann, als es ernst wurde. Sowohl Europameister Kim Reymond hatte gegen Peter Beck das Nachsehen als auch später im Endlauf der Schwede Tommy Möller. Beide Gegner konnte Peter Beck mit exzellenten Reaktionen am Start bezwingen. Er fuhr die Quartermile in 5,211 Sekunden und erreichte eine Spitzengeschwindigkeit von 456,81 Stundenkilometern. "Wir sind ohne etwas hierher gekommen und fahren jetzt mit einem wertvollen Pokal nach Hause", sagt Peter Beck, der sein Glück nur langsam begreifen konnte.
Mit dem schnellsten Lauf der dreitägigen Veranstaltung überraschte der Amerikaner Brady Kalivoda, der im Top Fuel Dragster von Veranstalter Rico Anthes mit 5,13 Sekunden die Event-Bestzeit aufstellte.
In der zweitschnellsten Klasse des Drag Race, bei den Top Methanol Dragstern gab es einen Sieg für den Moosburger Peter Schöfer. Der Titelverteidiger liefert sich mit dem Engländer Dave Wilson ein spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen.

Mal gewinnt der eine, mal der andere. Auf der Hockenheimer Quartermile hatte diesmal Peter Schöfer den Spoiler vorn. Er besiegte bei einem Top Speed von 402,26 km/h mit einer Zeit von 5,648 Sekunden Dave Wilson um eine Zehntelsekunde. Damit übernahm Peter Schöfer wieder die Führung im Rennen um die Europameisterschaft. "Ich habe an diesem Wochenende deutlich gemerkt, dass Dave's Nerven jetzt flattern", erzählt der stille Bayer mit einem verschmitzten Lächeln.